Benedict, Du bist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer bei pioneer communications. Was sind Deine Ziele, Deine Aufgaben, was tust Du so den ganzen Tag?
Ich bin für den Marketing- und Vertriebsbereich zuständig und arbeite daran, dass pioneer communications wächst und gedeiht. Außerdem sorge ich dafür, dass die richtige Aufgabe bei der richtigen Person landet.
Du bist gleich mehrfacher Unternehmer, neben pioneer communications bist du an eCovery beteiligt, einem Startup, das digitale Physio-Lösungen anbietet. Gutes Unternehmertum und gute Führung – befruchtet oder widerspricht sich das?
Ich glaube nicht, dass die beiden Aspekte immer in einer Person zusammenlaufen müssen. Es kann sein, dass die Führungskompetenzen nicht beim Unternehmer liegen, der die Geschäfte lenkt, sondern bei einer anderen Person. Bei der Unternehmensgröße, in der wir uns bewegen, glaube ich aber, dass Unternehmertum und Führungskompetenz untrennbar miteinander verbunden sind – vor allem wenn es langfristig funktionieren soll.
Was haben denn gutes Unternehmertum und gute Führung gemeinsam?
Ich glaube die Grundsatzfrage ist, wo das Unternehmen hinsoll und mit wem man es langfristig dorthin entwickeln möchte. Für gutes Unternehmertum und gute Führung braucht es gute Mitarbeiter. Als Unternehmer stelle ich mir folgende Fragen: Wo kann ich die Potenziale meiner Mitarbeiter so entfalten, dass sie das Unternehmen mittragen und ihren Teil der Verantwortung übernehmen? Wen braucht es, um das Unternehmen skalieren und größer machen zu können? Da schließen sich Unternehmertum und Führungskompetenz nicht aus, sondern sind eng miteinander verknüpft.
Welche Rolle haben Glück und Zufall in Deinem Berufsleben gespielt?
Ein wesentlicher Punkt ist das Glück des Elternhauses. Ich wurde von meinen Eltern ermutigt, Dinge auszuprobieren – mit der Sicherheit eines doppelten Bodens. Das ist ein Privileg, dessen ich mir bewusst bin. Einige Menschen haben durch diese Erfahrungen in der Kindheit ein höheres Risikoprofil. Nach einer Sportverletzung und einer Rückstellung bei der Bundeswehr bin ich nach Leipzig zum Studium gekommen. Eigentlich wollte ich nur kurz in der Gegend bleiben, bin dann aber hängengeblieben. Heute, viele Jahre später, bin ich immer noch hier und kann sagen: es war die beste Entscheidung meines Lebens, hierherzukommen.
Außerdem habe ich meinen damaligen Mitgründer – Alexander Witt – zufällig im Skiurlaub kennengelernt. Das war rückblickend ein großes Glück. Da kein Schnee lag, fiel der Skiurlaub aus und wir mussten notgedrungen Wandern gehen. Dabei habe ich ihm von meinen Gründungsplänen für eine Agentur erzählt. Er selbst stand gerade vor einem Jobwechsel. Auf einer zweistündigen Wanderung auf den Fichtelberg haben wir dann zusammen die Idee von pioneer communications ersponnen. Hätte es also damals 2007 geschneit, gäbe es die Firma vielleicht heute nicht.
Denkst Du als Inhaber und Geschäftsführer noch über das Thema „persönliche Karriere“ nach? Oder stehen andere Dinge, etwas unternehmerischer Erfolg, im Vordergrund?
Eine logische Fortentwicklung ist für mich ein wichtiger Punkt – das wird auch so bleiben. Aus diesem Grund habe ich auch eCovery mitgegründet. Lebenslanges Lernen: da gehört Neugierde und Neues ausprobieren dazu. Karriere möchte ich auch weiterhin machen, aber vielleicht in einer weniger klassischen Form. Als Geschäftsführer und Gründer bin ich auf der Karriereleiter zwar ganz oben, aber in der persönlichen Weiterentwicklung natürlich nie am Schluss angekommen. Da gibt es kein Ende. Ich möchte auch in Zukunft noch andere Impulse setzen und Dinge bewegen. Es gibt so viele Richtungen, in die man gehen kann; ich glaube, da fällt mir schon noch was ein.
Muss man für beruflichen Erfolg Opfer bringen? Welche?
In meinen Augen schon. Für mich ist das größte Opfer die Zeit, die es braucht, um erfolgreich zu sein und die man dann nicht in andere Dinge investieren kann. Ich konnte sicherlich die Zeit mit meiner Familie manchmal nicht optimal nutzen. Da gab es schon Momente, in denen ich gedacht habe, dass es schön wäre, mittags auch mal nach Hause zu gehen.
Einer anderen Sache trauere ich noch ein wenig nach. Auf Grund meines Leistungssports und der Leitung der Firmen, konnte ich nie lange Reisen machen. Ich hatte zwar einen kleineren Auslandsaufenthalt in den USA und habe dort in New York in einer Agentur gearbeitet, aber ich bin nie mal ein halbes Jahr mit dem Rucksack durch die Welt gereist oder habe „Work & Travel“ gemacht. Irgendwann schließt sich dieses Zeitfenster.
Aus welchem Misserfolg hast Du am meisten gelernt – und was?
Höhen und Tiefen gehören zum Unternehmertum dazu. Zum Glück erleben wir mehr Höhen als Tiefen, aber wir hatten schon ein paar harte Nüsse zu knacken. Zum Beispiel, wenn ein Auftraggeber seine Vereinbarung nicht einhält oder aus dem Vertrag raus will. Ich habe aber am meisten durch diese schwierigen Situationen und Konflikte gelernt. Gleichzeitig führt das aber leider auch manchmal dazu, ein bisschen misstrauischer zu werden. Das ist sehr schade. Natürlich gibt es bleibende Spuren, aber ich finde es schwierig, wenn man auf Grund seiner negativen Erfahrungen anfängt, anders zu agieren.
Bei uns ist das klassische Beispiel die Personalfrage. Wir haben mit unseren Mitarbeiter:innen bereits große Erfolge erzielt – es gab aber auch eine Reihe von teilweise tiefgreifenden Enttäuschungen. Bei uns hat das dazu geführt, dass wir Maßnahmen ergriffen haben, um solche Fälle auszuschließen. Letztendlich bestraft man damit aber die falschen Leute. Denn die große Mehrheit ist loyal und fleißig. Das wichtigste Kapital was wir haben, sind unsere Mitarbeitenden. Unser Ziel ist das bestmögliche Potenzial aus ihnen herauszuholen und ihnen Möglichkeiten zu geben, sich zu verwirklichen. Das erfordert eine Investition in jede Person – natürlich tut es dann weh, wenn die Person am Ende das Unternehmen verlässt.
Du bezeichnest Dich selbst als digital strategist. Was verstehst Du darunter – und müssen wir heutzutage nicht alle strategisch und digital denken und handeln?
Wo liegt für die Kommunikation in den nächsten drei Jahren die größte Herausforderung? Ist es der Umgang mit Corona oder etwas anderes?
Die Veränderung des Sender-Empfänger-Modells und die Emanzipation von alternativen Medien – einhergehend mit der Möglichkeit, Content über viele Kanäle zu spielen – wird uns ganz extrem beschäftigen. Die Frage der Transparenz und die der Wahrheit wird neu gestellt. Wir haben den „Gatekeeper-Journalisten“ nicht mehr so, wie wir ihn früher hatten und deshalb wird immer öfter hinterfragt, wer etwas gesagt hat und ob das überhaupt echt ist – das Stichwort „Deepfakes“ sei erwähnt. Aus diesem Grund reden wir heute in der Kommunikation wieder vermehrt über Vertrauen: Vertrauen bilden und Vertrauen schaffen. Ich bin der Meinung, dass das Grundvertrauen bröckelt. Da müssen wir unbedingt aufpassen und Maßnahmen ergreifen, die Vertrauen aufrechterhalten oder wieder aufbauen. Das geht nur über gute Kommunikation. Ethik und Moral stehen bei diesen Diskussionen ebenfalls im Mittelpunkt. Wir brauchen Allianzen, deren Mitglieder sich dieser Sache verschreiben – und zwar nicht nur aus PR-Zwecken, sondern weil es wirklich so gemeint ist.
Zum anderen sehe ich die Frage nach der Automatisierung und der Künstlichen Intelligenz (KI). Textroboter und Algorithmen in der Kommunikation: Was ist noch menschengemacht und was nicht? Bis zu einem gewissen Teil wird es menschgemacht bleiben müssen, aber auch da werden wir viele technologische Weiterentwicklungen sehen. Sind diese gut gemacht, kann das zu einer Qualitätsverbesserung führen, weil man sich wieder stärker auf andere Dinge fokussieren kann. Aber wir müssen es gut machen, sonst geht es ins Chaos.
Wie willst Du als Führungskraft und Unternehmer diese Herausforderung meistern?
Wir bauen gerade eine Datenplattform auf und schließen alle unsere Prozesse an ein gemeinschaftliches Netz an, so dass wir in der Lage sind Daten richtig zu interpretieren. Damit meine ich nicht die Industrie 4.0, dass man mal einen Roboter an ein Band setzt. Um unser Unternehmen in die Zukunft zu führen, müssen wir überlegen, wie wir unsere täglichen Aktivitäten auswerten und besser machen können. Das sehe ich als eine der zentralen Aufgaben in unserem Unternehmen.
Die zweite Herausforderung ist, die Mitarbeiter im Zuge des technologischen Fortschritts mitzunehmen und zu schulen. Die erlernten Arbeitsweisen – die zum Teil bereits seit der Schulzeit verankert sind – müssen schrittweise verändert werden. Das ist ein Prozess und dabei müssen wir behutsam vorgehen. Ich muss die Menschen mitnehmen und ihnen erklären, wie das geht. Aus dem Grund spreche ich viel mit einzelnen Mitarbeitenden und kläre ab, wie ich ihnen auf dem Weg helfen kann. Sonst besteht die Gefahr Fachkompetenz zu verlieren, weil wir es nicht schaffen, die Arbeitskompetenz gemeinsam aufzubauen.
In Zeiten von Agilität und New Work: Braucht es heutzutage überhaupt noch Führungskräfte? Und was müssen die können?
Ich glaube, dass wir in Zukunft zwischen fachlicher Führung und emotionaler, persönlicher Führung unterscheiden werden. Es wird jemanden geben, der Mitarbeitende bei der eigenen Weiterentwicklung unterstützt. Bei pioneer communications haben wir ein Mentorensystem auf allen Ebenen eingeführt. Dieses Coaching haben wir bewusst von der fachlichen Führung getrennt. Alle Mitarbeitende haben einen Mentor, mit dessen Hilfe sie sich persönlich weiterentwickeln können. Natürlich gibt es auch in einer agilen Organisation klare Strukturen, denn wir brauchen trotz aller neuen Arbeitsmethoden Führung. Ich glaube dabei nicht an ein basisdemokratisches System – am Ende wird es immer eine(n) Entscheider:in geben müssen.
Bitte ergänzen: Wenn ich Widerstände erlebe, bin ich…
Worauf suchst Du immer noch eine Antwort?
Ich suche immer noch eine Antwort auf die Frage, wie sich meine persönliche Weiterentwicklung mit den externen Ansprüchen, die an mich gestellt werden, verbinden lässt. Ich bin in multiplen Rollen unterwegs: Familienvater, Arbeitgeber, Stratege im Unternehmen und Berater beim Kunden. Es gibt Doppelbelegungen oder Überschneidungen, die dann dazu führen, dass gewisse Bereiche in meinem Leben zu kurz kommen. Noch habe ich keine Lösung gefunden, wie sich das so organisieren lässt, dass ich an der richtigen Stelle als Person auch mal nein sagen kann. Das wäre für mich manchmal gut, damit ich mich auch um mich selbst kümmern kann. Das wesentlichste Thema für mich ist Zeit. Man hat gefühlt immer zu wenig Zeit, um all das zu tun, was man machen möchte.
Warum machst Du bei der Modern-Leaders-Initiative mit?
Ich glaube, dass es im Bereich der modernen Führung gute Beispiele braucht. Wir müssen durch inspirierende, praktische Beispiele zeigen, wie es gehen kann und dass „Modern Leadership“ keine leere Phrase ist. Ich leiste da gerne meinen Beitrag und möchte dazu beitragen, dass wir die Gesellschaft und die Diskussion um moderne Führung ein bisschen voranbringen.